Wie geht es Dir in dieser Zeit? Die Außenwelt bricht so gut wie komplett weg. Soziale Kontakte sind auf virtuelle Chatrooms und Videokonferenzen beschränkt. Die Einsamkeit in den vier Wänden klopft immer lauter an. Der innere Antreiber springt schon im Kreis und hat schon eine lange Liste an Dingen, die er schon alle hätte erledigen müssen. Doch Fluchtwege der Ablenkung und Kompensationen im Außen sind weitgehend blockiert. Kein ablenkendes Ertrinken des inneren Schmerzes durch Partys. Kein Kompensieren des inneren Gefühls "Nicht gut genug zu sein" mit den neuen sexy Schuhen, die im Kaufhaus ausgestellt sind. Kein "Sich Zeigen" mit dem neuen Sportwagen, der den Erfolg des Geschäfts repräsentiert. Kein Flüchten in Intimkontakte, nur um die Einsamkeit im Innersten oder den Trennungsschmerz der letzten Beziehung nicht zu spüren.
Wie geht es Dir in dieser Zeit? Ich selbst wurde in den ersten Tagen der Ausgangssperre mit sehr tiefliegenden Ängsten und Themen konfrontiert. Themen, die so geballt zutage traten, dass ich selbst sehr gefordert war, mit ihnen umzugehen. In mir tobten Wirbelstürme an Fragen. Fragen, von denen ich feststellen musste, dass es nicht nur "meine" Fragen sind. Fragen. die bereits meine Vorfahren kannten. Und auf die sie keine Antwort fanden. Ängste zu verhungern. Ängste, eingesperrt zu sein. Ängste, von anderen bestimmt zu werden, Grenzen gesetzt zu bekommen, der Freiheit beraubt zu werden und nicht mehr "Nach Hause " zu kommen. Sich im Krieg zu befinden und alles Hab und Gut zu verlieren.
Bei allem Verständnis meines Verstandes und aller inneren Zustimmung der Sinnhaftigkeit dieser Maßnahmen angesichts aller Tragik und des Leids der Betroffenen, so waren Anteile in mir emotional in Aufruhe, ja fast schon in Panik. Für diese gab es keine Lösung. Keinen Ausweg. Für sie bedeutete es, zu sterben.
Der Weg:
Diese Anteile in mir, diese Stimme, diese Gefühle der Not, der Hilflosigkeit, diese um Hilfe rufenden Schreie in mir, für sie war es das gefühlte Ende. Sie sagten, wir werden sterben. So erinnerten sie es. Das fühlten sie so. Nach mehrmaligem Drehen und Wenden musste ich eingestehen, ich hatte keine andere Wahl, als mich mit dem Sterben auseinander zu setzen. Es zuzulassen. Das Sterben des Außen. Das Sterben der Sozialkontakte. Das Sterben der Kompensationen. Und mich immer tiefer in mich sinken zu lassen. Dahin, wo sie schrien, dass es zu weh tun. Dahin, wo sie sagten, da verlieren wir alles. Dahin, wo sie sagten, ich solle nicht hingehen. In den Schmerz des Todes. In das Loslassen von Allem. In das Akzeptieren der Grenzen. In das Loslassen des Gegenübers. In das Loslassen und Festhalten wollen der Liebe des Geliebten. In das Sterben lassen der Projektionen, die ich vermeintlich in meinem Leben "brauche". Das Loslassen eines Lebens, von dem ich glaubte, wie ich es gerne hätte. Alles in mir starb. Immer tiefer zurückgezogen in meine innere Welt. Dahin, wo es kein Außen mehr gibt. Dahin, wo nichts mehr greifbar ist. Nichts, an das man sich festhalten kann. Nichts, an das man klammern kann. Nichts, das stabilisiert und einen "Wert" vorgaukelt. "Nur" mein Innerstes. Nur meine eigene Welt. Ich ließ sterben. All das, was ich bisher für so wichtig in meinem Leben empfand. All das, von dem ich im Außen glaubte, ich würde es wollen. Gefühlt war es ein Sterben. Ein Loslassen. Ein Runterfahren. Immer mehr das Außen loslassend. Immer tiefer. Immer mehr in mir. Weg von der Welt der Projektionen und Täuschungen. Weg von der Welt der Kompensationen und Ablenkungen. Immer tiefer in mich. Bis ich auf Grund kam. Zu einem gefühlten Nullpunkt. Da war er - der Reset des Seins. Der Reset der Notwendigkeiten. Der Reset der Gedankenmuster.
Ich erkannte, wie frei ich mich plötzlich fühlte. Ich spürte, wie frei wir Menschen wirklich sein können. Wenn wir das loslassen, mit dem wir manipuliert und in Angst gehalten werden. Wenn wir das loslassen, was uns in der Außenwelt des Kapitalismus, der Kompensationen und Lügen hält. Und ich spürte, wie es in dieser Tiefe des Seins keine Ängste mehr gibt. Keine. Denn dort ist alles da. Alles, was ich wirklich brauche. Ich selbst. Meine wahrhaftige Welt in mir.
Mein System startete neu. Neue Programme wurden von mir installiert. Neue Programme der Achtsamkeit. Der Bewusstheit. Der wahren Notwendigkeiten im Leben. Und es kam eine Kraft in mir hoch, die mich beflügelte. Häusliche Quarantäne? Na und. Ausgehverbot? Was soll's. Wie lange das noch geht? Es ändert nichts. Denn mein Sein erwacht zu neuem Leben. Entschleunigt, sich die Zeit nehmend für all die Dinge IN MIR, die auf der Liste der Selbstverwirklichung stehen, doch noch nie im vollen ihren Raum erhalten haben.
Was wirst du "nach Corona" alles bewusster machen? Und wieso beginnst du damit nicht schon heute?
Ich lebe noch intensiver. Ich ernähre mich gesünder. Ich lasse meine Kreativität sich ausdrücken. Und ich schätze Momente der Nähe, Augen-Blicke der Liebe und bin mit meinen 5 Shirts und zwei Hosen, mit denen ich ausgestattet bin, vollkommen zufrieden. Die Zeit hat ihre Bedeutung verloren. Denn einmal mehr zählen nur die Inhalte. Und die Eigenverantwortung des Seins. Ohne Abhängigkeiten. Ohne Bedürftigkeit.
Ich wünsche Dir ein Tiefersinken in Dich, in die wahre Welt der Freiheiten. In die wahre Welt der Erfüllung.
Der Fülle Deines Seins. Der Fülle Deine Bedürfnisse.
Alles Liebe und bleib gesund,
Edith
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